Dreierlei Fruchtmus nach Meister Hanns zu Wirtenberg
Dreierlei Fruchtmus
nach Meister Hanns zu Wirtenberg
Ylva Schwinghammer (2022)
In mittelalterlichen Rezeptsammlungen findet sich eine Vielzahl an unterschiedlichen süßen Musen und breiartigen Speisen, für die neben Obst auch Nüsse, Lebkuchen, Getreide oder aromatisierte Milch (z.B. mit Holunderblüten oder Veilchen) als Basis genutzt wurden. Solche Muse waren nicht nur eine angenehme Speise für zahnlose Mitessende, sie galten auch als gut verdaulich und konnten daneben wohl zum Tunken für Fleisch oder Gebäck verwendet werden. Als Grundlage für Fruchtmuse wurde das Obst verkocht und/oder passiert. Durch Essig oder Wein konnte den Musen eine zusätzliche (säuerliche) Geschmackskomponente beigegeben werden, mehr Süße erhielt man durch die Zugabe von Zucker oder Honig. Daneben durften zumeist ‚gute Gewürze‘ nicht fehlen.
Zum Eindicken der Muse wurden unterschiedliche Methoden verwendet, die den Gerichten auch verschiedene spannende Texturen verliehen: So wurde beispielsweise entweder Brot hinzugefügt, das Mus mit Eiern eingekocht oder auch eine Mehlschwitze als Basis hergestellt.
Muse konnten zu Latwergen eingekocht werden, also so lange, bis sie einer Art Fruchtleder ähnelten, das man später in Wein oder Wasser auch wieder auflösen konnte. Von solchen Latwergen versprach man sich nicht nur medizinisch-diätetischen Nutzen, sie waren wohl auch eine gute Möglichkeit, eine fruchtige Mus- bzw. Saucenbasis haltbar zu machen.
Im Folgenden findet ihr drei beispielhafte Rezepte aus dem Kochbuch des Meister Hanns zu Wirtenberg, einer Rezeptsammlung, die um 1460 erstellt wurde und heute an der Universitätsbibliothek Basel aufbewahrt wird. Nähere Informationen zum Codex sowie eine Edition aller enthaltenen Rezepte bietet das Projekt CoReMa: Kochbuch des Meister Hanns.
Mittelalterliche Rezepte mit Übersetzung
Alle Rezepttexte und Übersetzungen wurden mit geringfügigen Anpassungen aus der Edition von Trude Ehlert übernommen (siehe Quellenangaben unten). Sie sind Teil einer Rezeptsammlung, die aktuell für das FWF-ProjektScience Ink.erstellt wird, das mittelalterliche Küche und mediävistische Forschung für außeruniversitäre Zielgruppen aufbereitet.
Von einem gemuͤss von stain obs ze machen. Item nym kriechen oder weichseln oder nespel, was von stain obs sey, vnd slahs durch mit hoͤnig, prenn darein, vnd thue es zue dem feur jn ainen haffen vnd lass dick werden. So machstu von ainem yeglichen ain můs vnd gewürcz das wol ab doch ob du wild.
Basel, Universitätsbibl., AN V 12, fol. 102v
Wie man ein Mus aus Steinobst macht
Nimm Kriecherl, Weichsel oder Mispeln, was an Steinobst da ist, und schlag es durch mit Honig, mach eine Einbrenn (Mehlschwitze), tue das alles in einem Topf auf das Feuer und lass es eindicken. So machst du von jeglichem [Steinobst] ein Mus. Und würze es gut, wenn du das möchtest.
Meister Hans, Ehlert, S. 318
Von ainem Erper můss ze machen. Item schlah Erper durch mit weissem prot vnd mit hönigk, vnd thue essich vnd wein daran vnd gůt gewürcz. Das haist ein Erper můß.
Basel, Universitätsbibl., AN V 12, fol. 102v
Wie man ein Erdbeermus macht
Ebenso schlag Erdbeere mit Weißbrot und Honig durch, gib Essig und Wein dazu und gutes Gewürz. Das nennt sich ein Erdbeermus.
Meister Hans, Ehlert, S. 318
Von ainem pieren můss also. Item nym vnd seud pieren vnd slahs durch mit dem selben wasser, vnd prenn ain mel [103r] vnd hönigk vnd gewürcz darein das ist gůt.
Basel, Universitätsbibl., AN V 12, fol. 102v-103r
Ebenso von einem Birnenmus
Ebenso nimm und koche Birnen und schlag sie durch mit dem Kochwasser. mache eine Einbrenn mit Mehl (Mehlschwitze) und gib Honig und Gewürze dazu. Das ist gut.
Meister Hans, Ehlert, S. 318-319
Moderne Interpretation der Rezepte zum Nachkochen
Rezept
Pflaumenmus mit Honig
für 4 kleine Portionen:
8 Pflaumen
Wasser
1 EL Butter
1 gehäufter EL Mehl
2 EL Honig
Zimt, Ingwer- und Nelkenpulver
Pflaumen in kleine Stücke schneiden – die Schale kann ruhig dran bleiben – und in einen Topf geben. So viel Wasser hinzufügen, dass die Fruchtstücke gut bedeckt sind. Auf kleiner Flamme weichkochen und anschließend mit dem Kochwasser pürieren.
Aus Butter und Mehl in einem neuen Topf eine Mehlschwitze (Einbrenn) herstellen, mit dem pürierten Fruchtmus aufgießen und aufkochen lassen. Honig hinzugeben und köcheln lassen, bis das Mus ein wenig eingedickt ist.
Mit Zimt, Ingwer- und Nelkenpulver würzen. Lauwarm oder gekühlt servieren.
Rezept
Pfeffriges Erdbeermus mit Rotwein
Für 4 (kleine) Portionen:
400g Erdbeeren
40g Weißbrot (alternativ: Striezel, Milchweckerl, Toastbrot oder 3 gehäufte EL Semmelbrösel)
2 EL Honig
etwas Wasser
1 EL milder Essig
ein Schuss Rotwein
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Ingwerpulver
Erdbeeren mit zerkleinertem Weißbrot und einem Schuss Wasser pürieren. Mit Rotwein, Essig und Honig aufkochen und auf schwacher Flamme ca. 10 min köcheln lassen, bis das Mus leicht eingedickt ist. Gegebenenfalls mit zusätzlichem Honig, Essig oder Wein abschmecken. Vom Herd nehmen, mit Ingwerpulver würzen und kräftig pfeffern, gut durchrühren. Lauwarm oder gekühlt servieren.
Rezept
Cremiges Birnenmus mit Zimt
Für 4 (kleine) Portionen:
4 große Birnen
Wasser
1 EL Butter
1 gehäufter EL Mehl
1 EL Honig
Zimt, Ingwer- und Nelkenpulver
Birnen schälen, in kleine Stücke schneiden und in einen Topf geben. So viel Wasser hinzufügen, dass die Birnenstücke gut bedeckt sind. Birnen auf kleiner Flamme weichkochen und anschließend mit dem Kochwasser pürieren.
Aus Butter und Mehl in einem neuen Topf eine Mehlschwitze (Einbrenn) herstellen, mit den pürierten Birnen aufgießen und aufkochen lassen.
Honig hinzugeben und köcheln lassen, bis das Mus ein wenig eingedickt ist.
Mit Zimt, Ingwer- und Nelkenpulver würzen. Lauwarm oder gekühlt servieren.
PS: Wissenswertes rund um die Birne und ein weiteres Mus/Latwergerezept findet ihr hier. Mehr zum Projekt ScienceInk. gibt es hier zu lesen.
Quellen
Meister Hanns, des von wirtenberg koch. (Faksimile der Handschrift A.N.V. 12 der Universitätsbibliothek Basel). Transkription, Übersetzung, Glossar und kulturhistorischer Kommentar von Trude Ehlert. Frankfurt: Tupperware 1996, S. 318-319.
Projekt CoReMa – Cooking Recipes oft he Middle Ages, Online unter: https://gams.uni-graz.at/corema [abgerufen am: 12.07.2021]
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