Einfach und köstlich präsentiert sich dieses orientalische Bananengericht, das man vegetarisch und mit Fleisch auf den Tisch zaubern kann. Das Rezept stammt aus der Münchner Handschrift Cgm 415 aus dem 15. Jahrhundert. Genauer gesagt aus dem ersten Teil der Handschrift, dem sogenannten púch von den chósten, das auf 20 Blättern 82 deutschsprachige Rezepte mit diätetischer Ausrichtung präsentiert. Das frühneuhochdeutsche Kochbuch ist die ‚Übersetzung einer Übersetzung‘: Zunächst wurde im 13. Jahrhundert die altarabische Vorlage ins Lateinische und diese dann im 15. Jahrhundert ins Deutsche übertragen. Die Rezepte geben uns heute die einzigartige Möglichkeit, von deutschsprachigen Rezepten ausgehend in die kulinarische Welt des mittelalterlichen Orients zu ‚schnuppern‘.
Das Gericht mit dem arabischen Namen Iudeb elmaucz wurde neben anderen Rezepten aus dieser Handschrift in einer Workshop-Reihe mit Schülerinnen und Schülern einer 3. Klasse der HLW Schrödingerstraße in Graz übersetzt, inhaltlich erschlossen und im Anschluss experimentell nachgekocht.
Zunächst der frühneuhochdeutsche Rezepttext:
Iudeb elmaucz ist warm (und) féwcht vn(d) meert die natur vnd rayczt den harm vn(d) waicht den pawch vn(d) benympt der prust beswárung un(d) dáyt sich langsam un(d) sein schadleichchait benympt man mit czúkch(er) Daz macht man also Nim elmaucz ∙ daz ist paradis epfel die nicht v berczeitig sein vn(d) czesneit die in ir tail vnd leg die in ainen tigel od(er) in ain pfannen vn(d) róst die mit ain wenig Sisamini ól od(er) mit and(er)m ól vn(d) tu daz auf daz fewr darnach tu darczu etweuil smalczs vn(d) wenn ez chocht wirt so tu ain wenig czukch(er)s darczu vn(d) etlich tún darczu ain hennen gesotten vnd czelegt
Ganz im Sinne der mittelalterlichen Diätetik werden zu Beginn des Rezepts die Wirkungen der Speise auf die Gesundheit angeführt. Dem Gericht werden dabei die Eigenschaften warm und feucht zugewiesen. Diese Bezeichnungen beziehen sich auf die mittelalterliche Vorstellung von vier Elementarqualitäten (Wärme, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit) im Körper und auf die Überzeugung, den Körper durch eine auf seine individuelle Qualitätenmischung (Komplexion) abgestimmte Ernährung stärken zu können. Im Rezept wird die harntreibende (rayczt den harm) und verdauungsfördernde (waicht den pawch) Wirkung von Bananen erwähnt. Auch die Tatsache, dass Bananen wahre Energielieferanten (meert die natur) sind und nur langsam vom Körper verdaut werden können (dáyt sich langsam), war bereits im Mittelalter bekannt. Mit dem puch von den chosten kommt dieses Wissen auch nach Mitteleuropa, wenngleich man das Gericht im Bayern des 15. Jahrhunderts mangels Bananen wohl kaum nachkochen konnte.
So konnte auch erst nach eingehender Recherche das Wort elmaucz und damit die Hauptzutat des Gerichts als ‚Banane‘ (von arabisch al-maws) identifiziert werden. Auch das Wort iudeb, das die Art des Gerichts charakterisiert, warf einige Fragen auf: Es handelt sich dabei um eine Verballhornung des arabischen Wortes Judhab (oder Judhaba), das eine große Gruppe von Süßspeisen umfasst und sinngemäß in etwa mit ‚Auflauf‘ übersetzt werden kann.
Das mittelalterliche Rezept wurde mit den Schülerinnen der HLW Schrödinger schließlich folgendermaßen nachgekocht:
Zutaten:
- 800g geschälte Bananen
- 30g Zucker
- 10g Butter
- 2 EL Sesamöl
Variante für Fleischliebhaber:
- 150g Hühnerfleisch
Zubereitung:
- Bananen schälen und in mundgerechte Stücke schneiden
- Sesamöl in einer Pfanne erhitzen
- Bananen hinzufügen und anbraten
- Die Bananen nun zusätzlich in Schmalz (oder Butter) anbraten, bis sie schön goldbraun sind
- Zucker hinzugeben und die gebratenen Bananen darin schwenken
- Fertig sind die gebratenen Bananen, die auf Wunsch auch mit Hühnerfleisch zubereitet werden können
Gekochtes Hühnerfleisch:
- Das Fleisch im ganzen Stück kochen
- Nachdem es gar gekocht ist, das Hühnerfleisch in Streifen schneiden und zu den (noch warmen) Bananen anrichten
Variante: Gebratenes Hühnerfleisch: Das Fleisch in Streifen schneiden, etwas salzen und dann in Mehl wenden. Öl oder Fett in einer Pfanne erhitzen und das Fleisch knusprig anbraten.

Falls Sie sich nun denken: „Tolles Rezept, aber ich habe leider kein Sesamöl zu Hause.“ – kein Problem! Für solche Fälle bietet unser Rezept selbst eine passende Alternative: So kann Sesamöl durch and(er) ól ersetzt werden. Wir haben unsere gebratenen Bananen mit Sesamöl zubereitet und waren erstaunt, wie toll die Bananen geschmacklich mit dem Öl harmonierten.
Bei der Umsetzung von Iudeb elmaucz hat uns die zweifache Beigabe von Öl (bzw. Öl und Schmalz) ein wenig irritiert. Es könnte sein, dass das Gericht auf diese Weise besonders schmackhaft und reichhaltig gemacht werden sollte. Fett ist ja bekanntlich Geschmacksträger und war in der arabischen Küche des Mittelalters überaus beliebt.
Unser Fazit: Unsere erste experimentelle Umsetzung von Iudeb elmaucz hat allen Testesserinnen und Testessern sehr gut geschmeckt. Vor allem die Kombination aus süß und pikant ist ein Geschmackserlebnis der besonderen Art! Da beim Übersetzen und Probekochen des Rezeptes noch einige Fragen zu Konsistenz und genauen Zubereitung des mittelalterlichen Gerichtes offengeblieben sind, wird uns diese mittelalterliche Bananenspeise in den nächsten beiden Projektjahren wohl noch öfter beschäftigen. Wir halten euch natürlich auf dem Laufenden!
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